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Historisches „Manheimer Kreuzchen“ am „Decke Boom“ feierlich wiedererrichtet

Ein Kreuz mit tragischer Geschichte
Mordkreuz_22.jpg
Datum:
3. Dez. 2025
Von:
Maike Teller
Auf dem Foto von links: Pfarrer Ludger Möers, Benedict Zachlod, Christopher Basham, Lonie Lambertz

Kerpen-Manheim. Am 26. November 2025 wurde das historische Wegekreuz, bekannt als das „Manheimer Kreuzchen“ oder „Mordkreuz des Adam und Michael Gratz“, feierlich am sogenannten „Decke Boom“ wieder aufgestellt und von Pfarrer Ludger Möers eingesegnet.

Das Originalkreuz[1], das einst zwischen Blatzheim und Manheim stand, war in den 1950-er Jahren an die Friedenseiche „Decke Boom“ versetzt worden und verschwand in den 1980-er. Auf Anregung der ehemaligen Ortsvorsteherin Lonie Lambertz und in Zusammenarbeit mit der Unteren Denkmalbehörde der Kolpingstadt Kerpen wurden im Frühjahr 2024 die Planungen für eine Wiederherstellung an der ursprünglichen Umgebung, neben dem "Decke Boom" an der Einfahrt zu Haus Forst an der K 53, aufgenommen.

Ein Kreuz mit tragischer Geschichte

Das steinerne Sühnekreuz erinnert an ein tragisches Ereignis:

Opfer: Michael Graetz und sein Sohn Adam Graetz aus Langenich bei Kerpen.
Todestag (Lt. Kirchenbuch): 27. Mai 1772, mörderischerweise erschossen[2].
Die lokale Überlieferung berichtet[3], dass die beiden als Wilderer, die einen Hirsch erlegt hatten und auf dem Weg nach Hause waren, von Jagdgehilfen beschossen wurden, als sie an der Eiche eine Rast einlegten. Ein anderes Schriftstück erwähnt[4], dass der Bräutigam, ein Wilderer, mit seinem Vater einen Rehbock für seine Hochzeit in Langenich holen wollte und beide auf dem Weg von Metternichs pflichtgetreuem Förster erschossen wurden. Der Förster soll ein halbes Jahr später aus Gram gestorben sein.

Die Inschrift des verschwundenen Steinkreuzes lautete: "Hier starben am 27. Mai 1772 Vater und Sohn Michaelis und Adamus Gratz aus Langenich bei Kerpen, mörderischerweise erschossen. R.I.P.".

Der Standort "Decke Boom"

Der Aufstellungsort, der "Decke Boom", ist eine majestätische, wuchtige alte Jagdeiche und ein Wahrzeichen für den ehemals gerodeten Wald. Die Eiche diente im 17. Jahrhundert als Rastplatz für schwere Mühlenfahrzeuge, die von Morschenich nach Blatzheim zur Mühle fuhren. Das neue, nachgebildete Kreuz wurde nun in unmittelbarer Nähe dieses historischen Ortes aufgestellt, neben der Eiche, die an der Einfahrt zu Haus Forst an der K 53 steht.

Dank der Kolpingstadt Kerpen für die historische Wiederherstellung

Mit der Wiedererrichtung des Kreuzes am "Decke Boom" erhält Manheim ein wichtiges historisches Wahrzeichen und einen Ort der Erinnerung zurück. Die Wiederherstellung des Wegekreuzes wurde von der Kolpingstadt Kerpen ermöglicht.                                                      Entwurf und Ausführung erfolgten durch die Bildhauerwerkstatt Zachlod Kanitz, Kerpen


 
[1] Hans Elmar Onnau, Kerpen 1994, Aus der Geschichte des Kirchspeils und Gerichts Blatzheim
[2] Verkartung der Kirchenbücher der Kath. Pfarre “St. Martinus” Kerpen, Sterbefälle 1716 –  1804
[3] Hans Elmar Onnau, Kerpen 1994, Aus der Geschichte des Kirchspiels und Gerichts Blatzheim
[4] Veröffentlichung in der Kölnischen Rundschau 29. März 1985 „Wahre Begebenheit aus der Heimat“

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Der Decke Boom (Quelle: Kölnische Rundschau 29. März 1985)

"Eine wahre Begebenheit aus dem XVII. Jahrhundert, die sich in unserer Heimat ereignet hat. Zwischen Manheim und Blatzheim (Rittergut Haus Forst) steht majestätisch und wuchtig eine alte Eiche, Jagdeiche genannt, als Wahrzeichen eines längst gerodeten Waldes. Die Eiche war der Rastplatz der schweren Mühlenkarren, die damals von Morschenich nach Blatzheim zur Mühle fuhren. Oberhalb der Jagdeiche stand ein altes steinernes Kreuz mit der entzifferten Inschrift: Hier starben am 29. März 1779 Vater und Sohn Michaelis und Adamus Gratz aus Langenich bei Kerpen, mörderischerweise erschossen. R.I.F.

 

Wie die Geschichte erzählt, stand in Langenich eine Hochzeit vor der Türe.

Der Gäste waren viele geladen. Der Bräutigam, ein Wilderer, wollte seiner Braut zur Hochzeit einen Rehbock schenken. Seinen Vater nahm er mit zum Wald. Auf diesem Wege wurden Vater und Sohn durch Metternichs pflichtgetreuen Förster erschossen. Der Förster ist ein halbes Jahr danach aus Gram gestorben. Nachstehendes Gedicht stammt aus der Feder eines unbekannten Heimatdichters.

 

 "Hör Schätzchen, wie wär's wenn zum Hochzeits¬schmaus einen leckeren Braten ich brächt Dir ins Haus?

Im Manheimer Forst da weiß ich ein Reh,

die Spur davon zeigt mir der frische Schnee."

 

"Ach Liebster, ein Rehlein hätt ich wohl gern, doch Wald und Wild sind dem gnädigen Herrn?

Nicht jagen darfst Du in fremdem Revier, drum laß davon ab und bleibe bei mir."

 

"Mein liebes Kind, das verstehst Du nicht recht, Gott schuf das Wild für den Herrn und den Knecht; Ich nehme den Vater noch mit hinaus, der bringt mich sicher wieder nach Haus."

 

Doch ängstlich bat sie mit tränendem Blick:

"Nur heute, Herzliebster, bleibe zurück, mit Ahnungen ist die Brust mir beschwert, horch, wie brausend der Schneesturm fährt.

 

Bedenke Liebster, wie nah ist der Tag,

der all unsre Wünsche erfüllen mag.

So lange erhoffet, so herrlich das Ziel, ach setzte Dein Leben nicht frevelnd aufs Spiel.

 

Sei stark und  zeige dass du ein Mann

der seine Gelüste bezähmen kann.

Mir ist ums Herz so bang - so weh,

als ob ich Dich nimmer wiederseh'."

 

Doch behend' umfasst er die zagende Braut:

"Ich bin mit dem Wald und dem Wetter vertraut; in Jägersadern fließt ruhig Blut er steht in des heiligen Hubertus Hut.

 

Drum gib Dich zufrieden und banne die Angst, ich tue sonst alles was Du verlangst."

Schnell noch ein Kuß zur guten Nacht,

dann schleichen die beiden zum Forste sacht.

 

 

Mit kundigen Blicken erkennen sie bald

Des Wildes Wechsel im dichten Wald.

Doch furchtlos Stunde um Stunde vergeht, bis plötzlich ein Rehbock vor ihnen steht.

 

Zwei Schüsse strecken das edle Tier.

"Nun schleunigst fort aus diesem Revier.

Gottlob, jetzt sind wir außer Gefahr,

schau her, ein prächtiges Tier für wahr.

 

Indes die beiden freu'n ihrer Tat,

des Waldes Hüter verderbend naht.

Vom Schalle der Schüsse aufgeschreckt,

hat schnell er die Tritte der Täter entdeckt.

 

Und wie er sich naht des Waldes Saum,

da hört er vernehmlich die Worte kaum:

"Nimm Stahl und Schwamm wir zünden uns dann zur Feier des Tages ein Pfeifchen an."

 

Da erkannt er die Frevler, sein Blut es wallt, und er springt hervor mit donnerndem "Halt!"

Jetzt steht ihr Diebe, die Beute gebt her!

Doch statt dessen greifen sie zum Gewehr.

 

Da blitzet ein Schein, der Schuß, er kracht, laut hallt es klagend durch die Nacht.

Ein dumpfes Fallen, ein gellender Schrei!

Dann - tiefe Stille - nun ist es vorbei.

 

Mit Schrecken ahnt er, was er getan,

und eiligst läuft er zur Stelle hinan.

Doch zu spät, am Boden liegen die Zwei,

zu Tode getroffen vom tückischen Blei.

 

Der Förster, er stellt dem Gerichte sich dar:

"Ich rettet mein Leben in größter Gefahr.

Sie schlugen an, zwischen Leben und Tod

Blieb mir die Wahl, es war Pflicht in der Not."

 

Dumpf läuten die Glocken, man trägt sie zur Ruh', nun decket die kühle Erde sie zu.

Wie schön könnt' er ruhen in Liebchens Arm, ach, dass sich der Herr seiner Seele erbarm."

 

 Ein Kreuz , als warnendes Denkmal gesetzt, bezeichnet die traurige Stelle noch jetzt.

Der einsame Wanderer betrachtet den Ort

und schreitet in tiefen Gedanken fort."